30 Jahre Mauerfall. Die Freiheit, die ich meine - zwischen Identität und Wandel - auf Spurensuche

8. - 10.November 2019, Naumburg

Zur Vorbereitung der Tagung werden kurze Texte veröffentlicht, die unterschiedliche Aspekte dieses Themas aufgreifen. Hier ist meiner:

ERZÄHLE DEINE GESCHICHTE
Auf der Tagung geht es um Identität. Wenn wir wissen, wollen, wer wir sind, dann sollten wir uns fragen, woher wir kommen und wohin wir wollen.

Die politische Wende - Schicksal oder Chance?

Viele beschreiben die Zeit der "politischen Wende" als eine Zeit, in der kein Stein auf dem anderen blieb und alles erneuert wurde - oftmals auch Dinge, die keiner Erneuerung bedurften. Sehr viele Menschen haben diese Veränderung als Chance wahrgenommen und sind in ganz neue Welten aufgebrochen. Andere wiederum haben die "politische Wende" als "Schicksal" empfunden, das ihnen gern erspart geblieben wäre. Sie wollten demokratische Verhältnisse und keine Abwertung ihrer bis dahin gemachten Erfahrungen.

Als ehemalige DDR-Bürger*innen haben sie erlebt, dass ihre Bildungsabschlüsse kaum etwas wert waren. Das führte zu zahlreichen Wendungen und Abbrüchen in den Lebensläufen. Diese erschweren bis heute den Aufbau einer konsistenten und kohärenten Biografie. Deshalb sind die Einzelnen immer wieder gefordert, sich in einen Reflexionsprozess zu begeben und sich zu fragen: Wo stehe ich? Was kann ich?

Keinland

Darüber hinaus haben die Ostdeutschen eine kollektive strukturelle Erniedrigung erfahren: Nicht nur war plötzlich das gesamte Land weg - KEINLAND (Jana Hensel) - , sie wurden darüber hinaus auch noch beschämt, aus dem FALSCHEN LAND zu kommen. Vor diesem Hintergrund erleben viele ein Land mit "hierarchisierten Zugehörigkeiten" und fragen sich, wohin sie eigentlich gehören.

Wie war das für dich?

Damit uns der Zugang zu den eigenen Lebensthemen, aber auch der Zugang zu den Themen, die in der Gesellschaft der DDR und der wiedervereinigten BRD verhandelt werden, nicht verschlossen bleiben, sollten wir neugierig auf unsere Geschichte(n) und die unserer Herkunftsfamilie sein. Woher kommst du? Und wie war das für dich? Viele erahnen die Geschichte ihrer Eltern eher, als dass sie sie wissen. Aber können wir (unsere) Geschichte(n) überhaupt begreifen, wenn wir 1989 anfangen? Müssen wir nicht vielmehr eine längere Zeitlinie ziehen, um die heutigen Phänomene - nicht nur in Ostdeutschland - zu erklären? Was ist eigentlich vor 1945 passiert? Sind es nicht die Kriegskinder (Jahrgänge 1928-1946), die die DDR maßgeblich aufgebaut haben? Was haben sie im biografischen Gepäck und was haben sie weitergegeben?


Erzähle deine Geschichte!

Wir sollten weiter nach (noch nicht entdeckten) Geschichten suchen, um unsere Geschichte, die der DDR und der BRD neu erzählen zu können. So können die Erfahrungen mit der DDR, der Friedlichen Revolution und die Erfahrungen mit einem rauhen Westen zu einer Goldgrube von ganz besonderen Kompetenzen werden. So kann Zukunft entstehen!

Ingrid Meyer-Legrand im Mai 2019

Siehe auch meinen Workshop: Wenn Kriegsenkel den Krieg und die Wende im biografischen Gepäck haben... My Life Storyboard – den roten Faden im Leben erkennen und nutzen!

 

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