Stimmen zu meinem Buch
Guten Tag Frau Meyer-Legrand,
in den geschilderten Biographien in Ihrem Buch finde ich mich auf eine Weise wieder, die mich sprachlos macht.
Das Gefühl, das man hat, wenn sich ein Wirrwarr innerer Puzzleteile fügt und ein komplexes Bild ergibt, ist mir zwar bekannt.
Auch deshalb, weil ich in den letzten zwanzig Jahren auf der Suche nach mir selbst und dem Ankommen umfangreiche Selbsterfahrungen durch diverse Coachings machen durfte.
Was seit dem ersten Lesen Ihres Buches jedoch bei, in und mit mir geschieht, hat eine andere Tragweite.
Die Kulissen meines gesamten Daseins positionieren sich neu.
Nicht nur - wie bisher - in einem Lebensbereich, sondern in allen.
Dass die Ereignisse des dritten Reiches ihre Schatten bis weit in die Gegenwart werfen, ist mir schon seit langem bewusst.
Und auch, dass ich davon betroffen bin.
Wie sehr jedoch, davon bekomme ich gerade eine Ahnung.
Seit meinem vierzehnten Lebensjahr schreibe ich Tagebuch, Lyrik, Prosa.
Viele der (auch überlieferten) Ereignisse in meiner Familie habe ich dort verarbeitet.
Ich meine, es ist mir gelungen, insbesondere in den angehängten Texten gebündelt eine konkrete Atmosphäre wiederzugeben. Diese Atmosphären fand ich in Ihrem Buch an verschiedenen Stellen, weshalb sie mich direkt an die Gedichte erinnerten. Sie spiegeln etwas aus dem Innen ins Außen.
Beim Schreiben handelt es sich um eine der Ressourcen, die ich aus meiner Herkunftsfamilie mit auf den Weg bekam. Auch dafür bin ich dankbar.
Derzeit fange ich an, mich nach einem Verlag umzuschauen, der meine Texte publiziert.
Eines davon möchte ich Ihnen gern übermitteln.
Vielleicht können Sie damit etwas auf eine Weise anfangen, die anderen hilft. Die das Empfinden anderer bündelt. Etwas sichtbar macht, was nur mit dem gesprochenen Wort schwerfällt.
Danke für Ihr nicht nur für mich, sondern auch für unsere Gesellschaft wichtiges Buch.
Schöne Grüße aus Göttingen
Das Dorf Am Rand
Ein kleines Dorf, am Rand der Gleise,
Hüllt sich wortlos und doch weise
In eine Art diktiertes Schweigen,
Keinem seine Angst zu zeigen.
Das Schicksal warf in all den Jahren,
Die Gleise, die schon immer waren,
Erfüllt von wahrhaft tiefem Groll,
Mit zermalmten Leichen voll.
Doch niemand aus dem Dorfe fehlte.
Darum auch die Befürchtung schwelte,
Der Satan hab‘, mit lockerer Hand,
Sich gegen dieses Dorf gewandt.
Denn auf den Gleisen,
Die schon immer waren,
Ist noch nie in all den Jahren
Nur ein einziger Zug gefahren.
Was bei mir durch die Beschäftigung mit mit dem Buch „Die KRAFT der Kriegsenkel“ von Ingrid Meyer-Legrand klar geworden ist...
Der Ausgangspunkt des Grübelns war ein Leid oder besser ein Leiden an etwas, das ich nicht anders beschreiben konnte als etwas rein Persönliches: irgendwie unruhig, unstet auf der Suche - wonach denn eigentlich? - nicht dazugehörend, kein Platz nirgends, kein Ankommen und der so oft rasante Wechsel zwischen Hybris und Selbstwertkrise. Zweifel an mir selbst als Resultat und keine sichtbare Möglichkeit nach vorn oder wenigstens auf andere(s) zu schauen.
Stefan Latt, November 2018
„Ich habe ein schweres Erbe UND darf meinen Weg gehen"
Sabine Salzmann über Die Kraft der Kriegsenkel von Ingrid Meyer- Legrand
Kriegsenkelbiografien und Sach- wie Fachbücher zum Thema gibt es derzeit zahlreiche auf dem Markt. Das Thema berührt, fordert zur Auseinandersetzung mit der individuellen und der generationsübergreifenden Geschichte heraus. Das Buch von Ingrid Meyer-Legrand gehört dabei zu den wichtigen, da es neben der Beschreibung der erfahrenen leidvollen Biografien einlädt, unterschiedliche Blickwinkel einzunehmen, alternativen Erzählungen zu den dominanten Geschichten aufzuspüren und das Mosaik der Bewertungen zu erweitern. Ingrid Meyer-Legrand schreibt ihr Buch aus drei unterschiedlichen Perspektiven:
- Die der Kriegsenkelin mit unterschiedlichsten Wander- und Fluchterfahrungen (25) in der Herkunftsgeschichte, die mit großer Empathie die leidvollen Erfahrungen der Kriegsenkel würdigt.
- Die der Therapeutin mit langjähriger Erfahrung in der Begleitung biografischer Selbst-reflexionsprozesse, die in vielen Beispielen einfließen.
- Und die der Systemikerin, die das individualisierte Scheitern, die Zickzackbiografien (136) mit den Stop & Grow-Strategien (122) und nicht zuletzt die überfordernde Rastlosigkeit der Kriegsenkelgeneration in einen gesellschaftlichen Kontext (von den leidvollen Erfahrungen zweier Weltkriege bis hin zum Aufbruch in die Multioptionsgesellschaft des 21. Jahrhunderts) stellt; dies weitet den Blick für hilfreiche, sinngebende Erklärungen.
Für die Autorin ist „ein biografischer Verlauf nur im Schnittpunkt von individueller und gesell- schaftlicher Geschichte zu begreife" (137). Mit der von ihr entwickelten Methode „My Life Storyboard" wird entlang der individuellen Lebensstationen immer wieder dieser Schnittpunkt beleuchtet. Eigene Leit- und Weltbilder sowie Deutungs- und Interpretationsmuster können dabei im Kontext von Familiengeschichte, Sozialisationserfahrungen und den spezifischen Herausforderungen der eigenen Generation reflektiert und ressourcenorientiert neu bewertet werden. Immer wieder wird dabei der Fokus auf die Frage gelenkt, welche Fähigkeiten und Ressourcen die Kriegsenkelgeneration beim Aufbruch in die globalisierte Welt auf Grund ihrer ganz eigenen biografischen Erfahrungen mitbringt und wozu diese sie befähigen.
Im Nebeneinanderstellen von gegensätzlichen, ja, mitunter sich ausschließenden Positionen und Erfahrungen, im sowohl Leid als auch Ressource; in der Haltung des UND: „Ich habe ein schweres Erbe UND darf meinen Weg gehen" ... liegt die in die Zukunft weisende Botschaft des Buches, die einen Weg aufzeigt, sich aus dem transgenerationalen Vermächtnis zweier Weltkriege zu lösen.
Sabine Salzmann
Mit großer Begeisterung lese ich Ihr Buch, schon zum zweiten Mal. Denn die Linien, die Sie aufzeigen, haben auch mein Leben beeinflusst. Ich möchte mich sehr bedanken für die fundierte Recherche, vor allen Dingen aber für die sehr gut ausgewählten Interviews und Zitate von und mit anderen Kriegsenkeln. Ich finde mich darin wieder. Meine Eltern (Jahrgang 41 und 37) haben Ihr Buch ebenfalls gelesen. Wir hatten danach ein sehr bewegendes Gespräch, das bis heute nachwirkt. - Ich bin Kriegsenkelin. Jahrgang 1968. Beruflich fühle ich mich immer noch nicht angekommen, obwohl ich alles dafür getan habe, mich existenziell abzusichern. Jahrzehntelang hatte ich befristete Verträge. Inzwischen arbeite ich fest bei XXX (anonymisiert).
Mit der Kriegsenkel-Thematik habe ich mich bereits in einer Therapie befasst. Es ging darum, unerklärliches Lampenfieber in den Griff zu bekommen. In einer Familienaufstellung habe ich gelernt, dass es mit der Tatsache zu tun hat, dass mein Großvater, ein Niederländer, für Hitler-Deutschland in den Krieg gezogen war. Er, der Vater von fünf Kindern, hatte sich entschieden, Deutscher zu werden, damit seine Kinder in Deutschland eine Berufsausbildung bekommen. Deswegen musste er in den Krieg, aus dem er nie zurückkam. Dieser „Opfertod“ meines Großvaters führte in unserer ganzen Familie zu großem Leistungsstress, mit dem ich im Examen (ich bin Historikerin) und bei Bühnenauftritten zu kämpfen hatte. Im Moment stehe ich allerdings beruflich auf der Bremse und hoffe, dass es nach dem Stop endlich mal wieder ein Grow gibt. Deswegen würde ich mich sehr freuen, wenn ich an Ihrem Seminar „My life Storyboard“ am 2.12.2017 in Berlin teilnehmen könnte. Über eine Zusage würde ich mich sehr freuen.
Herzliche Grüße, K.J.
Liebe Frau Meyer-Legrand,
längst wollte ich Ihnen schreiben und Sie zu Ihrem Buch beglückwünschen.
Ich habe es „druckfrisch“ und nun zum zweiten Mal gelesen: Chapeau!
Ich finde, es ist Ihnen aus meiner Sicht gelungen, bereits Bekanntes zur Kriegsenkelproblematik mit Ihrer Erfahrung und Ihrem Wissen so zu „impfen“, dass etwas Neues entstanden ist.
… und Sie haben es überzeugend klar, präzise und gut nachvollziehbar dargestellt. Ich denke, man kann sowohl als „Einsteiger“ als auch als „Fortgeschrittener“ sehr gut von der Lektüre profitieren.
Sie machen Hoffnung, wenn Sie Ihren Fokus auf die Kraft der Kriegsenkel legen.
Und haben mich persönlich wieder einmal daran erinnert, dass ich glaube, dass eine wirkliche Weiterentwicklung von Gesellschaften – jenseits eines wissenschaftlich-technischen und soziologischen Fortschritts – unbedingt auch einer psychologischen Arbeit am Einzelnen, einer Entwicklung des Einzelnen bedarf.
Mir persönlich ist beim Lesen Ihres Buchs ganz besonders klar geworden, wie zentral die „Suche nach dem eigenen Platz“ für mich ist.
Gerne würde ich die bei Ihnen begonnene „Entwicklungs-Arbeit“ in weiteren Stunden fortsetzen, ich weiß momentan nur noch nicht wie und wann. Ich habe - voila`! – eben einen weiteren Umzug und einen beruflichen Fast-Neuanfang hinter mir…
Mit herzlichen Grüßen und Wünschen für hoffentlich noch ein paar warme Frühlingstage
Regine Rieß